Tauchen nach Amputation - ein spannendes Thema! Maximilian Schwarzhuber aus Wolnzach in Oberbayern. Speaker, Motivations-Trainer, Extrem-Sportler. Ohne Beine. Die hat er sich – jeweils unterhalb des Knies – amputieren lassen. Und hat damit einen radikalen, unumkehrbaren Schnitt gesetzt. Nach 22 Jahren, geprägt von Schmerzen, Operationen, Hoffnung, Rückschlägen, Ausgrenzung, Depressionen, all das infolge einer plötzlichen Lähmung der Beine als Zweijähriger. Das war im Februar 2017. Bereits 136 Tage nach seiner Amputation lief Maximilian mit Prothesen seinen ersten 10-km-Lauf.
"Es sind nicht unsere Beine, die uns bewegen. Es ist unser Denken."
Es folgten Halbmarathon, Triathlon, Bungeejumping, Fallschirmspringen, Alpenüberquerung, in 48 Stunden von Flensburg fast bis Oberstdorf mit dem Rad. Halbmarathon, Triathlon, Bergsteigen. Ängste? Kennt er nicht. Aber seine Grenzen! Der 30-Jährige hat schon vieles ausprobiert, genießt das Leben. Steht mit beiden Beinen, ähm Prothesen, fest im Leben.
Nimm deine Beine in die Hand und geh Tauchen! Mit Prothesen.
Wir haben Max zum Schnuppertauchen eingeladen. Erst mal rantasten, was alles geht. Wie taucht es sich mit zwei Beinprothesen? Das Material der Prothesen ist dichter als bei „echten“ Beinen. Es ist also spannend, wie sich die Prothesen unter Druck verhalten. Als Triathlet weiß er, wie sich seine Prothesen im Wasser verhalten. Spannend wird es, was sie beim Tauchen machen. Später mal, wenn es tiefer runter geht. Max strahlt schon vor dem ersten Abtauchen und ist ganz heiß drauf, endlich durchs Wasser zu schweben.
"Für mich zählt jede Erfahrung. Man scheitert vorwärts."
Maximilian Schwarzhuber
Max, hast du eigentlich vor nichts Angst?
Angst hatte ich damals vor der Amputation. Das war schließlich eine endgültige Entscheidung. Unumkehrbar! Aber es war eher eine Befreiung für mich. Es gab einfach keinen anderen Weg mehr.
Du bist Speaker, Experte für Motivation, Willenskraft und Resilienz. Woher nimmst du selbst deine Motivation?
Durch das, was ich mache. Ich will halt rausfinden, was möglich ist. Wo ist im Kopf Schluss? Wenn es zu gefährlich ist, zu anstrengend oder mit zu viel Aufwand verbunden. Und genau das gebe ich weiter, wie ein Lehrer für Persönlichkeitsentwicklung. Das macht mir unheimlich Spaß.
Was könnte für dich beim Tauchen die schwierigste Aufgabe sein?
Dass ich nicht reden kann. Nein, im Ernst, ich habe überhaupt keine Bedenken. Ich weiß ja, ich bin mit euch Profis unterwegs. Ich bin eher gespannt, ob ich das mit dem Austarieren so hinbekomme.
Deine größte Herausforderung bisher?
Schwierig zu sagen, weil jede eine andere Qualität hat. Beim Marathon 2019 in München musste ich mich krass durchbeißen. Ich hatte vorher ein Ekzem am linken Stumpf – der war lila! Aber, hey, das war mein erster Marathon. Geht nicht, dass ich da aufhöre. Ich hatte Schmerzen ohne Ende, es war echt eine Tortur. Es gab aber auch genug andere Herausforderungen, die nicht so schmerzhaft waren.
Wann ist bei dir Schluss, das Risiko zu hoch?
Da kannst du das Tauchen gut mit dem Bergsteigen vergleichen, von der „Qualität“ der Gefahr. Wenn du dich an die Vorschriften hälst, bist du relativ sicher. Bei beiden Sportarten kannst du nicht an einem bestimmten Punkt sagen: So, jetzt geht es nicht mehr. Am Berg musst du den Weg weiter gehen, umdrehen geht nicht immer einfach so…. Und beim Tauchen kannst du ja auch nicht jederzeit überall aufsteigen.
Kommst du selbst auch manchmal an deine Grenzen?
Grenzen sind ganz wichtig! Ich bin kein Fan von solchen Sprüchen wie „Überwinde deine Grenzen.“ Es gibt physikalische Grenzen, biologische Grenzen. Da kannst du noch so sehr an dich glauben – wenn du über diese Grenzen hinaus gehst… dann stirbst du! Nur wenn du dir das klarmachst, kannst du dir Ziele setzen, die du erreichen kannst. Setz dir keine unmöglichen Ziele. Da wärst du nur enttäuscht.
"Setz dir keine unmöglichen Ziele. Da wärst du nur enttäuscht."
Woher weißt du, was realistisch ist?
Zum Teil durch Erfahrung Eigene oder von anderen. Ich erkundige mich bei denjenigen, die sich in dem Bereich auskennen. Leute, die scheinbar Übermenschliches leisten, gehen da sehr systematisch vor. Chance und Risiko hängen immer zusammen. Außer man ist dumm. Dann ist es nur Risiko.
Woher nimmst du deine Stärke, den Mut und die Kraft?
Da ist kein Geheimnis dahinter. Es erscheint außergewöhnlich, weil viele das eben nicht machen können. In Deutschland sind die meisten Beinamputierten Diabetiker – in höherem Alter mit fortgeschrittener Erkrankung. Ich mache einfach das, was mir Spaß macht und worin ich einen Sinn sehe. Nur fällt das bei mir halt mehr auf.
Was, wenn es mal nicht so gut läuft bei dir?
Humor hilft immer! Und es läuft oft nicht so gut – also, aus meiner Sicht. Für mich zählt jede Erfahrung: Man scheitert vorwärts.
Beim Tauchen mit Prothesen läuft es bestens. Wir probieren zusammen mit Max einiges aus. Mit Flossen, ohne Flossen, mal nur mit Füßlingen an den Prothesen. Zu wenig Auftrieb, zu viel, Fußblei könnte eine Lösung sein. Mit Monoflosse, um die Beine zusammen zu halten. Das Problem: Max‘ Prothesen haben keine flexiblen Fußgelenke. Somit wirkt die riesige Monoflosse eher wie eine Baggerschaufel, die das Wasser wegschiebt. Und Max bewegt sich rückwärts.
Es gibt noch einiges zu tun, bis wir Max mitsamt seinen Prothesen in die optimale Tauchposition bringen. Bis die Tauchausrüstung genau auf ihn eingestellt ist, an seine Bedürfnisse angepasst. Adaptiert. Genau das macht „adaptive diving“, das Tauchen mit Handicap, für alle so unglaublich spannend und faszinierend! Für uns als Helfer und Taucherlehrer für Menschen mit Behinderung ebenso wie für die Taucher selbst.
Max, wie war das Tauchen für dich?
Ja, war geil. Das einzige: Man kann nicht reden! Es gibt so viele coole Sachen, die man machen kann. Nur leider hat auch mein Tag nur 24 Stunden.
Tauchen mit Prothese klappt bestens. Inzwischen hat sich Max zum Tauchkurs angemeldet.
Das Leihequipment für den Filmdreh wurde uns von der Tauchbasis Schwerelos zur Verfügung gestellt.
Danke an alle ehrenamtlichen Mitwirkenden vom EC-DivingClub
Film: look&feel agentur, Fotos: look&feel agentur, N. Kraß
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