Es wird Zeit, dass ich mich mal wieder dem „Tauchen mit….“ widme. Heute will ich über das Tauchen mit Diabetes schreiben, schließlich ist Diabetes mellulitis eine so weit verbreitete Erkrankung und die Frage, ob man mit Diabetes tauchen kann, ploppt immer mal wieder bei mir auf. Das ist auch kein Wunder, schließlich gibt es allein in Deutschland aktuell rund 11 Millionen Menschen mit Diabetes, darunter 8,7 Millionen mit einem diagnostizierten Typ-2-Diabetes und 372.000 mit Typ-1-Diabetes. Und vermutlich wissen weitere zwei Millionen noch nichts von ihrer Erkrankung (Quelle: Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2022).
Diabetes mellitus oder auch Zuckerkrankheit
... steht für verschiedene Stoffwechselstörungen, deren verbindendes Element eine Überzuckerung des Blutes, die sogenannte Hyperglykämie, ist. Ursache hierfür ist eine gestörte Produktion des körpereigenen Hormons Insulin. Unterschieden werden ein absoluter Insulinmangel, bedingt durch die Zerstörung der für die Produktion verantwortlichen Zellen (Typ-1-Diabetes), und ein relativer Insulinmangel (Insulinresistenz) in Folge einer eingeschränkten Insulinproduktion der Bauchspeicheldrüse (Typ-2-Diabetes). Unbehandelt kann Diabetes direkt oder durch Begleitkrankheiten zum Tod führen. In Deutschland beläuft sich die Diabetesprävalenz laut dem Robert Koch-Institut auf 7,2 Prozent der Erwachsenenbevölkerung und lag damit um rund 1,4 Prozentpunkte höher als noch 1998 (Quelle: DeStatista, März 2024).
Tauchen mit Diabetes? Antworten von Tauchmedizinern
Nicht nur ich beschäftige mich mit dem Tauchen mit Handicap. Bei einer Umfrage für das Magazin Tauchen auf Instagram gab Tauchmediziner Prof. Dr. Claus-Martin Muth folgende Antwort: „Für insulinpflichtige Diabetiker ist zunächst wichtig zu wissen, dass der Blutzuckerspiegel beim Tauchen aus verschiedenen Gründen vergleichsweise stärker sinkt, als bei den meisten anderen Sportarten. Insulinpflichtige Diabetiker sollten daher vor dem Tauchgang einen Blutzuckerspiegel von mindestens 130 mg/dl, besser 150 mg/dl anstreben, um eine Unterzuckerung (Hypoglykämie) beim Tauchen zu vermeiden.“
Das bestätigte mir auch Tauchmedizinerin Dr. Alexandra Kronenberg. Diabetes ja, aber „nur nach guter medikamentöser Einstellung sowie Blutzuckermessung vor und nach dem Tauchen“. Außerdem rät
sie, zuckerhaltige Gels mitführen.
Foto: Dr. Alexandra Kronenberg und ich beim ICE-Diving 2024
Auch einer meiner lieben Tauchlehrer-Kollegen taucht selbst mit Diabetes und rät Tauchern mit Diabetes: „Teile es deinem Tauchpartner mit und messe kurz vor dem Tauchgang, zum Beispiel beim Briefing, deinen Blutzuckerwert. Der sollte keinesfalls unter 150 liegen.“ Denn die Gefahr, während der Anstrengung beim Tauchen im Wasser in den Unterzucker zu kommen, sei dann einfach zu hoch „und dann schläfst du einfach ein“. Unter Wasser kannst du kein Insulin spritzen, das versteht sich von selbst. Daher geht es darum, Unterzuckerung zu vermeiden. Und wenn, nach dem Tauchgang, der Zucker doch zu weit runter geht, dann ist es wichtig, schnell in eine Umgebung zu kommen, in der man (sich) dann umgehend die notwendigen Insulineinheiten verabreichen kann.
Taucher mit Diabetes - dem Buddy Bescheid geben
Interessanterweise hatte der Ista-Post vom Tauchen unter anderem einen Kommentar von @zuckerlieschen, die folgendes dazu schrieb: „Ich tauche seit 16 Jahren mit Diabetes und hatte nie Probleme. Ganz am Anfang hatte ich unter Wasser immer Jubin Zuckerlösung dabei, gebraucht hab ich’s nie. Meine Buddies wissen vorher immer Bescheid, was im Notfall zu tun ist. Ich persönlich gehe lieber mit einem höheren Blutzucker ins Wasser, das fühlt sich für mich einfach sicherer an. Korrigieren kann ich dann, sobald ich ausm Wasser bin. Solange der Diabetes gut eingestellt ist und man den eigenen Körper kennt, sollte das alles kein Problem sein.“ Wichtig finde ich, was sie geschrieben hat: Dem Tauchbuddy vorab Bescheid geben, was im Notfall zu tun wäre. Der Tauchbuddy sollte daher die möglichen Symptome kennen (Quelle: www.aqua-med.eu). Hier ein Überblick:
Symptome Hypoglykämie, Unterzuckerung (< 50 mg/dl):
- Unruhe
- Zittern
- Blässe
- Schwitzen
- Konzentrationsverlust
- Müdigkeit
- Adynamie
- Bewusstseinseinschränkungen
- Ohnmacht – Koma – Tod
Symptome bei Hyperglykämie, erhöhter Zucker (> 200 mg/dl):
- Durst
- verstärkter Harndrang
- Dehydration
- Schwindel
- Übelkeit
- Erbrechen
- Bauchschmerzen
- Benommenheit
- Ohnmacht – Koma – Tod (eher relevant in Bezug auf Langzeitkomplikationen)
Tauchtauglichkeitsuntersuchung für Taucher mit Diabetes
Ohne gültige Tauchtauglichkeitsuntersuchung (TTU) kannst du als Diabetiker nicht tauchen! Das ist einfach Fakt. Im Urlaub mal eben schnell den Zettel über den Gesundheitszustand ausfüllen und – fälschlicherweise – überall ein „Nein“ ankreuzen? Da machst du dich zum einen strafbar, weil du falsche Angaben über deinen Gesundheitszustand gibst. Und zum anderen ziehst du deinen Tauchpartner, Guide, Tauchlehrer und die gesamte Tauchschule mit rein, falls eben doch ein Notfall eintritt. Zusätzlich zum normalen von der GTÜM empfohlenen Untersuchungsspektrum sind laut Empfehlungen von aqua med folgende Zusatzuntersuchungen notwendig: Blutzuckerwerte der letzten 6 Monate, aktueller HbA1c Wert, Befunde der Screening-Untersuchungen auf Folgeerkrankungen und ein obligatorisches Belastungs-EKG unabhängig vom Alter.
Nicht tauchen dürfen laut aqua med Diabetiker mit
- fix dosierter Insulintherapie
- Hypo-Hyperglykämien im letzten Jahr
- schweren diabetischen Folgeerkrankungen (Herz, Niere, Auge)
- keiner sportlichen Betätigung im letzten Jahr
- Diagnosestellung < 6 Monate
- < 6 Monaten seit Beginn der Medikation mit oralen Antidiabetika
- < 12 Monaten seit Beginn der Insulintherapie
- schlechtem Diabetesmanagement (Hba1c > 8,5)
Wer darf tauchen? Diabetiker, die
- keine Folgeerkrankungen haben
- schon länger aktive Sportler sind
- ein unauffälliges Belastungs-EKG haben
- ihren Blutzucker mind. 4x tägl. selbst messen
- die Kohlenhydratzufuhr und Medikamentendosis den Leistungsanforderungen anpassen können
- seit mind. 1 Jahr gut eingestellt sind (HbA1c: 5,5-8,5 %)
- seit 1 Jahr keine Hypo- oder Hyperglykämien unter Belastung hatten
Außerdem benennt aqua med einige Kriterien, worauf tauchende Diabetiker achten sollten. Zum Beispiel, nicht tiefer als 30 m zu tauchen, da ab dieser Tauchtiefe bekanntlich ein Tiefenrausch einsetzen kann, der leicht mit einer beginnenden Hypoglykämie verwechselt werden könnte. Auch sollten Taucher mit Diabetes einen Tauchgang auf maximal 60 Minuten beschränken, weil sie dann Kohlenhydrate zuführen müssen. Auch rät aqua med von dekompressionspflichtigen Tauchgängen sowie von Höhlentauchgänge ab.
Tauchen mit Zuckererkrankung - Sicherheit an erster Stelle
Dass extreme Anstrengung oder Kälteexposition vermieden werden soll, da dabei das Hypoglykämie-Risiko zu hoch wird, dürfte jeder Diabetiker selbst wissen. Zu den weiteren Tipps zählt auch das Mitführen von Glucose Gel oder Glucose haltiger Flüssigkeit. So, wie ich es euch eingangs ja schon beschrieben habe. Letztendlich muss jeder Taucher mit Diabetes seinen Umgang mit seiner Erkrankung und den Auswirkungen auf das Tauchen herausfinden. Klar ist, was ja immer gilt, für alle Taucher mit und ohne körperliche Einschränkungen: Safety first!
nach dem TAuchgang - wichtig für Taucher mit Diabetes
Nach einem Tauchgang sind engmaschige Blutzuckerkontrollen über einen längeren Zeitraum notwendig, da durch den sogenannten „Muskelauffülleffekt“ auch zu einem sehr viel späteren Zeitpunkt (bis zu 12 Stunden) noch Hypoglykämien möglich sind. Es ist auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme zu achten – was ja für Taucher allgemein gilt. Für Taucher mit Diabetes müssen unbedingt Notfallmedikamente (Glucagon-Injektionsset) verfügbar sein und es muss die Möglichkeit bestehen, Hilfe zu holen. Das bedeutet nach meinem Verständnis aber auch: kein Tauchen in extrem abgelegenen Gebieten.
Was Taucher mit Diabetes beachten sollen - kurz & knapp
- Tauchschule – Diveguide muss über Diabetes des Tauchers unterrichtet sein
- Notfallmanagement vor Tauchgang genau absprechen
- UW-Zeichen für Hypoglykämie absprechen (L-Zeichen)
- Tauchpartner darf kein Diabetiker sein
- Insulinpumpe ablegen
- Tauchpartner sollte eine zweite Tube Glucose Gel mitführen
- Einnahme von Glucose Gel oder Benutzung des Scuda (self contained underwater drinking apparatus) vorher üben
- Evtl. SCUDA mit glucosehaltigem Getränk mitführen
- Kleine Gruppengröße
- Auf sehr gute Hydration achten!
- Bei drohender Ohnmacht an der Wasseroberfläche zuerst BCD aufblasen – dann Glucose geben
Mein Fazit: Wer als Diabetiker das alles beherzigt, kann tauchen. Und wenn du Lust hast, das Tauchen in einer sehr kleinen Gruppe oder auch nur mit mir 1:1 zu lernen, dann schreib mir gerne eine Email oder rufe mich an.
Eure Nicole
Die Empfehlungen für das Tauchen mit Diabetes habe ich teils von aqua med übernommen. Aqua med gehört zur Medical Helpline Worldwide und bietet spezialisierte medizinische Dienstleistungen im Bereich Tauch- und Reisemedizin. Von der ärztlichen Notrufhotline, über ein professionelles Notfallmanagement bis hin zu integrierten Versicherungsleistungen bietet aqua med das Rundum-Sorglospaket für Taucher und Reisende. Ob Freizeit- oder Profitaucher, für jeden ist die passende aqua med dive card dabei, die du hier direkt abschließen kannst.
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