Du lernst es schon bei deinem ersten Tauchkurs: Mikroblasen im Blutkreislauf können zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen. Beim Tauchen ist es daher ratsam, die Anzahl der Blasen im Blut zu reduzieren. Das gilt grundsätzlich, insbesondere aber bei einer Verbindung (shunt) zwischen dem venösen und arteriellen Kreislauf. Eine solche Verbindung existiert bei einem PFO (Persistierendes Foramen Ovale), also einem kleinen Loch in einer der Scheidenwände der Herzkammern. Was dadurch beim Tauchen passieren kann, musste Simone, erfahrene Tauchlehrerin, am eigenen Leib erleben. Hier kannst du das Interview mit Simone lesen.
Die "bösen" Stickstoffblasen
Ein PFO an sich ist nicht das Problem, heißt es bei aqua med: "Das bedeutet nicht, dass allein das Vorhandensein eines PFO die Ursache von Tauchzwischenfällen wie einer DCS (Decompression sickness = Dekompressionskrankheit) ist, sondern eher, dass es ein potenzielles Risiko darstellt. Die Ursachen sind immer Stickstoffblasen! Deshalb ist low bubble diving sinnvoll." Die Regeln des Low Bubble Diving können helfen, sowohl der Entstehung als auch der Vergrößerung und Festigung der Blasen entgegenzuwirken. Und zwar durch die einfache Anpassung des Tauchverhaltens.
Was bedeutet Low bubble Diving?
Bei jedem Tauchgang tiefer als zehn Meter treten kleinste Stickstoffbläschen auf, die normalerweise über die Lunge abgeatmet werden. Durch Anpassung des Tauchprofils und empfohlene Verhaltensmaßnahmen an Land versucht man einerseits die Bildung von diesen Mikroblasen (Microbubbles) beim Tauchen so weit wie möglich zu verringern und andererseits das Risiko eines Übertritts von der venösen auf die arterielle Seite durch Shunts (Kurzschlussverbindungen) zu verringern.
Wozu das Konzept "low bubble diving"?
Ziel ist es, damit das Risiko einer DCS so gering wie möglich zu halten. Die Schweizer Gesellschaft für Tauch- und Überdruckmedizin (SUHMS) hat hierfür eindeutige Regeln und Richtlinien für das low bubble diving aufgestellt, die auch aqua med und die Deutsche Gesellschaft für Überdruckmedizin adaptiert haben.
Low bubble diving - Regeln
- plane Deine Tauchgänge sorgfältig und sinnvoll
- mache keine JoJo-Tauchgänge
- tauche eventuelle Wiederholungstauchgänge flacher als den vorhergehenden Tauchgang
- verlängere Deinen Sicherheitsstopp (z. B. auf 5-10 Minuten) in 3-5 Metern Tiefe
- mache keine Deko-Tauchgänge, halte die Nullzeit ein
- reduziere Deine Aufstiegsgeschwindigkeit, insbesondere im Flachwasser ab 10 Meter
- verlängere Deine Oberflächenpause
- mache maximal 2 Tauchgänge pro Tag
- tauche mit Nitrox nach Lufttabellen
Vermeide weitere Risikofaktoren, wie
- große Hauterwärmung durch Sonne, Dusche oder Sauna
- Dehydratation (achte jederzeit auf Deinen Wasserhaushalt und trinke ausreichend)
- Kälte
- Rauchen
Vermeide Tätigkeiten, die einen Blasenübertritt (durch ein PFO) in den Blutkreislauf begünstigen:
- keine Anstrengung am Ende des Tauchgangs, z. B. durch Strömung, Transport von Equipment oder durch anstrengende Ausstiege
- keine körperliche Anstrengung in den ersten Stunden nach dem Tauchgang, z. B. durch Kraftsport, Joggen, Schwimmen usw.
Selbst wenn du dich an alle Regeln und Tipps hälst, ist es natürlich keine Gewähr für absolut sichere Tauchgänge. Generell sollte beim Tauchen eine konservative Planung und Durchführung der Tauchgänge praktiziert werden. Nicht immer lässt sich das Low Bubble Diving konsequent durchführen, etwa für bestimmte Tauchergruppen, wie Berufstaucher oder auch Tauchlehrer, sowie in Notfallsituationen. Ein gewisses Restrisiko lässt sich nicht völlig ausschließen.
Wiedereinstieg nach langer Tauchpause oder Krankheit
Es geht einfach darum, besonders sicher und konservativ zu tauchen. Und das betrifft eigentlich alle Taucher, die beispielsweise nach längerer Pause endlich wieder ins Wasser kommen. Endlich wieder Tauchurlaub, bloß nichts verpassen, lautet da oft die Devise. Das kann dazu verleiten, die zum Tauchen verfügbare Zeit bis zum Letzten auszureizen. Gerade auf Tauchsafaris - aber nicht nur dort - kommt es vor, dass vom ersten bis zum letzten Tag bis zu drei Tauchgänge oder sogar mehr durchgeführt werden, ohne einen Tag Pause.
Bloß nichts überstürzen - konservativ tauchen
Die Mediziner von aqua med weisen explizit auf das Risiko hin: "Ein solches überstürztes Wieder-Einsteigen in den Tauchsport gefährdet die Gesundheit extrem und unter Umständen sogar das eigene Leben!" Daher lautet die dringende Empfehlung der aqua med Tauchärzte:
- Geht es behutsam und vernünftig an!
- Trinkt ausreichend Wasser. Nach einer Reise (v.a. nach einem Langstreckenflug) besteht ein deutlicher Flüssigkeitsmangel im Körper (Dehydratation).
- Gebt eurem Körper Zeit, sich an die veränderten Umgebungsbedingungen zu gewöhnen, denn Dehydratation und fehlende Akklimatisation erhöhen die Gefahr für eine DCS!
- Achtet von Anfang an auf eine möglichst geringe Stickstofflast.
- Ein bis maximal zwei Gewöhnungstauchgänge in geringer Tiefe (max. 20 Meter) am ersten Tag sind mehr als genug.
Vertrauen ist gut, Vorsicht ist besser
Und noch ein Tipp der Experten: Vertraut nicht ausschließlich auf euren Tauchcomputer. Die schätzen den Stickstoffgehalt nur ungefähr und kennen eure individuellen Umstände nicht (Fitness, Flüssigkeitshaushalt, Gefäßzustand etc.). Jedes Modell rechnet anders und nach drei Tauchgängen stimmen die Zahlen oft nicht mit der Realität überein. Aqua med rät daher: Wählt eine sehr konservative Einstellung, sowohl bei eurem Tauchcomputer als auch bei eurem Verhalten. Verwendet Nitrox, wo möglich, und wählt auch dann am Computer die Einstellungen für normale Luft.
Lass dich beraten!
Grundsätzlich empfehlen die Experten von aqua med jedem Taucher regelmäßige Tauchtauglichkeitsuntersuchungen durch einen sachverständigen Arzt. Nach Krankheit und/oder langer Tauchpause solltest du ebenfalls erstmal klären lassen, ob Tauchen gesundheitlich wieder geht. Du kannst übrigens auch die Tauchmediziner bei aqua med anrufen und um eine individuelle Beratung zu deiner Tauchtauglichkeit und deinem Tauchverhalten bitten. Für Inhaber der DiveCard ist dieser Service kostenfrei.
Letzter Tipp: Leg öfters eine Pause ein!
Macht auch mal Pause, selbst wenn es schwer fällt. Pause heißt Pause. Und nicht, einfach nur einen von drei täglichen Tauchgängen auszulassen, sondern einen ganzen Tag Tauchpause einzulegen. Kann ja auch mal ganz schön sein. Wie zum Beispiel hier, im unsagbar schönen Taucherparadies Raja Ampat.
Eure Nicole
Quelle: aqua med, Fotos: N. Kraß, Canva
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