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Adaptive Techniques Kurs Teil 1

PADI Adaptive Techniques Kurs - so läuft es ab

Sie wollen Menschen mit Behinderung das Tauchen beibringen bzw. sie beim Schnuppertauchen begleiten: Tauchlehrerin Maren und die beiden Divemaster Flo und Stef haben den PADI Adaptive Techniques Specialty Course bei mir gebucht. Für die Confined-Tauchgänge haben wir einen ganzen Samstag im Diver's Indoor in München verbracht. Auch mit dabei: Adaptive Support Taucher Jürgen, als Helfer und zur Auffrischung seiner Kenntnisse. 

Was erwartet dich beim Adaptive Techniques Specialty Kurs? Mach' dich darauf gefasst, dass du "anders" tauchst, nämlich aus der Perspektive eines Tauchers oder Tauchschülers mit körperlichen Einschränkungen. Nur, wenn du selbst das Gespür dafür bekommst, wie es sich anfühlen könnte, blind oder gelähmt zu tauchen, kannst du dich später besser in deine Tauchschüler mit "echtem" Handicap hineinversetzen. Fangen wir also an beim Zusammenbau des Equipments... das solltest du nämlich blind können.

Warum tauchen Blinde? Warum nicht!

Flo, der gerade seine Techniker-Ausbildung für einen Equipment-Anbieter absolviert hat, kennt seine Ausrüstung tatsächlich blind. Maren erklärt in gewohnter Tauchlehrer-Manier ausführlich, auch mit Gesten.... was uns hinterher beim Betrachten der Bilder zum Schmunzeln bringt... unter Wasser als blinder Taucher braucht es eines, und davon ganz viel: Vertrauen. Und Kommunikation, und zwar vor jedem Tauchgang. Warum taucht ein Blinder? "Warum nicht", so die geniale Antwort des blinden Tauchers Simon, den ich vor einiger Zeit interviewt habe (das ganze Interview hier zum Nachlesen). Dabei sein, schwerelos, leicht und frei durchs Wasser gleiten, das geht auch blind. Vorausgesetzt, man hat einen Buddy, der für einen sieht, das Finimeter abliest sowie den Tauchcomputer, um die Tiefe im Blick zu haben, den Kompass für die Richtung etc. Und jemanden, der einen führt.

Blindes Vertrauen - in die Tauchausrüstung und in den Buddy

Permanenter Körperkontakt ist für sehbehinderte Taucher unter Wasser lebensnotwendig - naja, es gibt auch eine Buddyleine aber ich persönlich halte wenig vom "Anleinen", schließlich sind damit auch Gefahren verbunden, sollte sich die Leine verheddern. Meine eifrigen Kursteilnehmer haben grandiose Ideen: Jeder Finger an einer Hand steht für ein anderes Symbol: Okay, Auftauchen, Abtauchen, Festhalten, Warten. Beim Praxistest dann die Ernüchterung: hm, welcher Finger bedeutet nun gleich nochmal was? Zu komplex. Beim anderen Buddy-Paar ist der (simulierende) Blindtaucher mit dem Kopf an die Wand gedotzt. Upps, falsche oder zu späte Kommunikation? Und auch ich hatte einen unsanften Aufschlag am Beckenboden. Am Ende war allen klar: Zunächst die wichtigsten Symbole vereinbaren und ausprobieren, sich gut überlegen, wie sinnvoll und umsetzbar die ausgewählten haptischen Unterwasser-Zeichen überhaupt sind und erst dann abtauchen. 

Adaptive Techniques Specialty - Lähmung simulieren

Alles eine Sache der Gewöhnung, denn nach einigem Üben hat es bei allen super geklappt. Und auch ich habe mich gerne und im "blinden" Vertrauen durch die Becken führen lassen. Sehr entspannend. Weniger relaxt ging es beim Tauchen mit simulierten Lähmungen zu, etwa Tauchen mit Querschnitt. Wenn plötzlich der Vortrieb durch die Flossen wegfällt, die  "gelähmten" Beine im dicken Neoprenanzug Auftrieb bekommen und du kopfüber durchs Wasser trudelst.... 

"Ich konnte plötzlich gar nicht mehr tauchen", wundert sich Maren, als sie ohne Flossen, gelähmte Beine simulierend, in die Tiefe sinkt. Auch Buddy-Team Flo und Stef müssen sich an die neue Situation erstmal gewöhnen. Vielleicht doch mal das Fußblei testen? Später macht Stef ein paar unkontrollierte Rollen, bis ihm sogar schwindelig wird. Warum? Weil er so super simuliert und seinen Unterkörper zum Austarieren tatsächlich gar nicht einsetzt, dafür dann ganz schnell mal ins Trudeln gerät. Wir simulieren weiter, mal ohne Arme, mal halbseitig eingeschränkt und üben das Unterrichten von Tauchschülern mit Behinderung. Denn auch da musst du als Dive Professional umdenken, dich reinspüren in deinen Schüler. Was geht und was eben nicht. Und wie du es anders machst, auch die Übungen "angepasst" demonstrierst, sodass dein Schüler dennoch die Anforderungen erfüllen kann. 

Kurs HAndicaptauchen - Pflicht oder nicht?

Ich wurde zu Anfang, noch bevor wir für den ausgiebigen Praxisteil in die Becken gestiegen sind, gefragt: "Brauche ich diesen Kurs überhaupt, um mit Menschen mit Behinderung zu tauchen?" Meine Antwort: "Nein, denn wir schließen grundsätzlich niemanden aus. Das wäre diskriminierend." Jeder, der einigermaßen fit und - vom Mediziner bestätigt - tauchtauglich ist, darf tauchen (lernen). Wenn du aber lernst und verstehst, wie es sich anfühlen könnte, mit diversen körperlichen Einschränkungen zu tauchen, kannst du wesentlich besser auf deinen speziellen Tauchschüler eingehen. Du kannst die Übungen und das Equipment entsprechend anpassen und dich viel besser vorbereiten. 

PADI Adaptive Techniques Specialty - ein Kurs, der Sinn stifted

"Jetzt bin ich doch froh, dass ich den Kurs mache", höre ich, als wir kurz auftauchen zwischen all den Übungen, die meine Teilnehmer ehrgeizig und zugleich mit viel Spaß machen. Theorie samt Prüfung gibt es natürlich auch in diesem Kurs. Inklusive der Diskussionen, die wir bei der Besprechung führen. Denn dieser Kurs ist anders: Er zeigt, dass es nie den einzig richtigen Weg gibt, Menschen mit Behinderung das Tauchen zu ermöglichen. Erfindergeist und gesunder Menschenverstand sind beim Handicaptauchen besonders gefragt. Und daran mangelt es meinen Schülern nicht! Wie schön, dass die Sonne lacht und wir uns draußen ein wenig aufwärmen können. 

Adaptive Techniques Praxistraining - jetzt wird's ernst

Sonntag Abend ist Maren beim Vereinstraining zu Gast und erlebt tatsächliches Handicaptauchen hautnah mit. Auch Vereinsmitglied Flo kann seine neu erlernten Kenntnisse gleich einsetzen. Er unterstützt Adaptive Tauchlehrer Steffen M., der mit Moni (Zerepralparese) an deren Tarierung feilt. Flo's zusätzliche Aufgabe, als Divemaster und (angehender) Adaptive Techniques Diver mit Moni und ihrem Mann drei Skills durchzuführen, meistert er natürlich bestens.

Alle happy, auch ich! Ich freue mich auf Teil 2 im Freiwasser mit dieser "coolen Truppe", um Maren erneut zu zitieren. Mal sehen, wie barrierefrei der Echinger Weiher denn so ist.... 

 

Und wer jetzt Lust bekommen hat, diesen sinnstiftenden Kurs mit mir zu machen, kann mich jederzeit kontaktieren. Im Juli werde ich den Kurs erneut im Münchener Raum anbieten, weitere Kursdaten und -orte auf Anfrage. Ich freue mich auf euch, am liebsten unter Wasser!

 

Eure Nicole


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